Ein Lied über das Bier, das System und den ewigen Kreislauf der Erschöpfung

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Detlef Cordes’ 'Das Bier zu viel' wirkt auf den ersten Blick wie ein augenzwinkerndes Trinklied, das die klassische Geschichte vom Übermut und seiner Reue erzählt. Doch hinter der vermeintlichen Leichtigkeit verbirgt sich ein tiefer liegendes gesellschaftliches Dilemma: Warum brauchen wir diesen Rausch überhaupt? Und wer profitiert davon, dass wir immer wieder in dieselbe Falle tappen?

Die kapitalistische Arbeitsgesellschaft hat längst verinnerlicht, dass sich Erholung nicht wirklich lohnt – sie muss sich „verdient“ anfühlen. Wer sich an einem Freitagabend mit Freundinnen und Freunden ein Bier zu viel gönnt, tut dies oft aus der Notwendigkeit heraus, der durchgetakteten Woche ein Gefühl von Selbstbestimmung entgegenzusetzen. Doch am Morgen danach folgt die Strafe: Der Kater als Metapher für das System selbst, das einem mit dröhnendem Schädel wieder ins Bewusstsein hämmert, wer hier die Kontrolle hat.

Die Zeilen „Wenn man vorher wüsste, welches das ist / Würde das etwas ändern?“ treffen dabei ins Mark der spätkapitalistischen Versprechen: Die Illusion von Wahlfreiheit ist trügerisch. Natürlich wissen wir längst, dass das System uns erschöpft, dass Konsum nie echte Befreiung bringt, dass das „eine Bier zu viel“ nur eine Fußnote im größeren Kreislauf der Selbstausbeutung ist. Und doch greifen wir immer wieder danach, weil der Rausch – sei es durch Alkohol, Shopping, Social Media oder Workaholism – uns die Illusion einer Pause schenkt.

Bemerkenswert ist, dass Cordes den Kater personifiziert: Er „miaut im Kopf und in den Beinen“, ein zynischer Begleiter, der uns lethargisch und willenlos zurücklässt. Doch wer genau spricht hier eigentlich? Ist es wirklich nur der Alkohol, oder ist es die Stimme eines Systems, das uns ablenkt, um uns am Montag wieder funktionstüchtig zu machen? „Der Kater trinkt Kaffee – und was trinkst du?“ – die scheinbar harmlose Frage am Ende des Songs ist die eigentliche Falle. Wir sollen uns selbst wieder aufpäppeln, uns mit Koffein und Selbstdisziplin aus dem Tief ziehen, um den Kreislauf von Neuem zu starten.

Letztlich ist 'Das Bier zu viel' kein harmloses Sauflied, sondern eine kluge Reflexion über Erschöpfung und Eskapismus im Spätkapitalismus. Es erinnert uns daran, dass die vermeintliche Freiheit der Maßlosigkeit nur eine weitere Facette der Kontrolle ist – und dass es vielleicht radikalere Lösungen braucht als einen Kaffee am Morgen danach.

Rezension: Frederike Theuerbier

Die Maß und das Maßlose – Vom schmalen Grat zwischen Genuss und Reue - Die andere Persektive von Alfred Lodenbusch.

Das Bier zu viel auf spiellieder.de.

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Text:

Das war das Bier zu viel
ein vertracktes Spiel.
das Bier zu viel
der Schuss über's Ziel
von Genuss und Freude hinaus
und nun sitzt du mit einem Kater zu Haus.

Wenn man vorher wüsste, welches das ist
würde das etwas ändern?
Wenn's doch schmeckt und du guter Laune bist
gibt's was Schöneres als über den Abgrund hinaus zu schlendern?

Das Bier zu viel zischte so runter
wie das Bierchen davor.
Was war ich frisch, was war ich munter
und jetzt hab ich dies Lied im Ohr:

Kater miaut im Kopf und in den Beinen
er sagt: lass mich bloß in Ruh.
Kaffee ist das Mittel der Wahl will mir scheinen
der Kater trinkt Kaffee und was trinkst du?

©2025 Detlef Cordes.

ISWC: T-330.742.854-8

GEMA Werknummer: 38794314

ISRC dieser Aufnahme: QZES92599307

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